Martin Luther

Vom Mann Gottes zum deutschen Elias

Die Icones virorum illustrium doctrina (1597–1599) stellen das umfangreichste und langlebigste Bildnisvitenbuch des ausgehenden 16. Jahrhunderts dar. Die ersten beiden Bände brachten der Altertumsforscher und Sammler Jean Jacques Boissard (1528–1602) und der Frankfurter Druckerverleger Theodor de Bry d. Ä. (1528–1598) 1597 und 1598 mit jeweils 50 Kupferstichporträts und mehrseitigen Viten in lateinischer Sprache heraus. Boissard verfasste die Lebensbeschreibungen, besorgte die Bildvorlagen und fertigte die Zeichnungen, so auch die Martin Luthers, an. Dem bekannten Porträttypus sind einige neue ikonographische Elemente beigegeben – so Öllampe und Bücher –, auf Bedeutungsebene ergeben sich aus ihnen aber keine signifikanten Veränderungen. Erst Bildüber- und -unterschrift zeichnen Luther als deutschen Helden und Propheten aus. Dort heißt es übersetzt: „Martin Luther Theologe, deutscher Elias. Glückliches Deutschland, dank deinem Propheten, unter dessen Führung deinen Völkern die Freiheit und die Religion fest stehen.“ Damit tritt die national motivierte Ehrung prominent neben Luthers theologisches Schaffen. Aufnahme in den illustren Kreis herausragender Gelehrter findet der Reformator demnach als früher Nationalheld – als alttestamentarischer Prophet Elias wird Luther zum Garanten für Standhaftigkeit in Zeiten der Unterdrückung.