Martin Luther als Augustinermönch

Luther wird heilig

Bereits drei Jahre nach seinem Thesenanschlag (1517) kursieren Heiligenbildnisse Luthers. Bemerkenswert ist, dass aus dem Jahr 1521 bereits mehrere Adaptionen einer bekannten Lutherdarstellung von Lucas Cranach d. Ä. (um 1472–1553) im Umlauf sind. 1520 schuf Cranach, Hofmaler am kursächsischen Hof unter Friedrich dem Weisen in Wittenberg, einen vom reformatorischen Hof verbreiteten Kupferstich, der Luther als Augustinermönch zeigt. Predigend oder lehrend befindet sich der Reformator mit geöffneter Bibel vor einer Wandnische. Diese Elemente evozieren bereits ein sakrales Moment, rekurrieren sie doch auf einen etablierten Typus der Heiligendarstellung.
Dieses Porträt diente Hans Baldung Grien als Vorlage. Er modifizierte es an entscheidenden Stellen: Die Nische ersetzt er durch eine Gloriole mit Geisttaube, die über dem Haupt Luthers schwebt; die Hand des Reformators verbindet sich direkt mit der Heiligen Schrift. Einmal mehr wird Luther zur Ikone der reformatorischen Bewegung. Sein Bildnis als Heiliger, dem Wormser Bericht vorangestellt, manifestiert seinen Ruf als Heiliger in Schrift und Bild.
Bildnisse des nimbierten, vom Heiligen Geist inspirierten Luther bestimmen besonders die frühen Jahre der Reformation ab 1520. Es ist kein Zufall, sondern gezielte Bildpropaganda, diesen Holzschnitt als Entree des anonym verfassten Berichtes über Luthers Verdienste während des Reichstags zu Worms zu wählen.